Formen und Baustoffe der Pfahlgründung

Pfahlgründungen aus statischem Kalkül sind in Europa seit der Römerzeit nachweisbar. In der frühen Menschheitsgeschichte wurden Pfähle zur Erhöhung von Bauwerken über das Bodenniveau eingesetzt. Mit dem Beginn des ersten Baubooms der europäischen Geschichte erkannte man den Nutzen von Pfählen zur Erschließung nicht ausreichend tragfähiger Baugründe. Heute sind Pfahlgründungen ein standardisiertes Verfahren, um Tiefgründungen unter schwierigsten Bodenbedingungen durchzuführen.

 

Formen und Baustoffe der Pfahlgründung

Die Statik der Pfahlgründung

Pfähle durchstoßen zur Tiefgründung für den Grundbau ungeeignete Erdschichten. Sie sind Anker des Bauwerks in hartem Untergrund. Der Druck des Gebäudes wird über den Korpus der Pfähle durch Reibung in den Baugrund und an der Pfahlspitze zum Untergrund abgeleitet.

Eine Fundamentplatte kann über ihre Auflagefläche auf dem Baugrund zusätzliche Tragkraft beitragen. Wo dies technisch nicht möglich ist - z.B. Wassergrundstücke und unterspülte Bauplätze (Venedig) - ruhen die Gebäude ausschließlich auf ihren Pfählen.

Der vertikale Druck auf eine Säule wie auf einen in den Boden versenkten tragenden Pfahl verursacht Scherkräfte in horizontaler Richtung. Materialkonsistenz und Bewehrung eines Pfahls sind entscheidende Kriterien für seine Tragkraft.

Je nach Baugrund und geforderter Tragkraft kommen unterschiedliche Pfahltypen zum Einsatz. Für eine Tiefgründung in bis zu 15 m Tiefe sind einzelne Fertigbetonpfähle aus Stahlbeton geeignet.

Größere Tiefen lassen sich durch Kupplung erzielen. Stahlpfähle zeichnen sich durch Wiederverwendbarkeit für temporäre Bauten und durch große Härte aus.

Bohrpfähle werden am Bauplatz aus Beton erstellt. Auf kontaminierten Baugründen kommen Injektionstechnikpfähle zum Einsatz.

Neben statischen Vorteilen für Tiefgründungen eröffnen Pfahlgründungen beim Grundbau Zugang zu tiefen Bodenschichten und damit zur Geothermie. Sogenannte "Energiepfähle" werden heute serienmäßig hergestellt.

Pfahltypen

Rammpfähle aus Stahlbeton

Einen Pfahl in den Boden zu rammen, um einem Bauwerk Stabilität zu geben, ist technische Praxis vom Zeltbau bis zum Bau eines Hochhauses.

Der in den Boden getriebene Pfahl verdrängt Erde respektive Baugrund und presst das Material längs seines Kanals zusammen. Horizontale Ortsfestigkeit wird erzielt. In harten Baugründen sorgt die Verdichtung des Materials für einen zusätzlichen Schutz des Pfahls gegen Scherkräfte.

Stahlbetonpfähle unterschieden sich im Querschnitt und der damit zusammenhängenden Tragfähigkeit. Die Bemaßung liegt zwischen 20 x 20 cm und 45 x 45 cm. Die Tragfähigkeit von Pfählen wird in Kilo- und Meganewton (KN respektive MN) angegeben.

Die Umrechnung in vertrautere Gewichtskräfte kann mittels der Erdbeschleunigung von 9,81 m/s erfolgen:

F = M · a.

Kraft (in Newton) ist Masse (in Kilogramm) multipliziert mit Beschleunigung.

Dies ergibt umgestellt:

M = F/a.

Masse ist Kraft geteilt durch Beschleunigung.

Damit entspricht eine Tragkraft von 1 MN der Auslegung für einen Druck von 102 Tonnen. Ein Pfahl mittleren Querschnitts von 35 x 35 cm hat je nach Untergrund eine Tragkraft von 1,0 bis 1,4 MN. Er könnte dem Druck des Gewichts von bis zu zwei Leopard 2 Panzern standhalten.

Neben der Robustheit von Fertigpfählen aus Stahlbeton sind die Standardisierung und die Qualitätskontrolle im Pfahlwerk Pluspunkte für diese Pfahlform.

Der Nachteil des Einsatzes von Rammpfählen für Pfahlgründungen liegt in der Lärmentwicklung und der Erschütterung des Erdreichs. Im Stadtgebiet sind Rammtechniken somit nicht ohne Einschränkung anwendbar.

Verdrängungspfähle aus Stahl

Im Grundbau abseits von existierenden Ansiedlungen können Stahlpfähle zum Aufbrechen härtester Untergründe durch Rammen eingesetzt werden.

Die Härte und Torsionsfestigkeit von Stahl eröffnen die Möglichkeit, Pfähle aus Stahl nicht durch Rammen, sondern durch Drehen und Pressen in den Boden zu treiben. Hierdurch werden Lärm und Erschütterung reduziert.

Bohrpfähle

Soll beim Grundbau der Pfahl am Bauplatz erstellt werden, kommt stahlbewehrter Flüssigbeton infrage.

Ein Stahlrohr wird in den Boden gepresst und der Abraum im Inneren entfernt. Nach Einbringen einer gleichfalls hohlen Bewehrung wird das Innere schichtweise mit Beton verfüllt und das äußere Stahlrohr stückweise entfernt. Nach Fertigstellung verbleibt ein stahlbewehrter Betonpfahl im Boden.

Der Flüssigbeton ist schwerer als Wasser und Schlamm, er verdrängt diese beim Einfüllen vom Boden des Hohlraums. Wasser und Schlamm steigen im Stahlrohr auf und werden abgepumpt. In der Tiefe bildet sich ein Anker aus Beton am Ende des Stahlrohres und der Bewehrung.

Injektionspfähle

Zu Bauarbeiten auf kontaminiertem Gelände - z.B. auf Bauplätzen, die durch Rückbau schadstoffintensiver Industrieanlagen frei wurden, ist der Umweltschutz zu beachten. Der Eintrag von kontaminiertem Oberflächenmaterial in das Grundwasser muss vermieden werden.

In sogenannte "Injektionspfähle" ist für diesen Zweck ein System von Rohrleitung eingebettet, die Hülle des Pfahls enthält Austrittsöffnungen. Während des Einrammens in den kontaminierten Baugrund wird Beton in die Rohrleitungen gepresst. Das Material tritt durch die seitlichen Öffnungen aus und legt sich wie eine Schutzkappe um den Pfahl. Durch diese Schutzkappe wird der Eintrag von kontaminiertem Material in tiefere Bodenschichten und in das Grundwasser verhindert.

Energiepfähle

Für die Erschließung von Geothermie durch Pfahlgründungen werden Energiepfähle verwandt, in deren Mitte zum Wärmetausch ein Schlauch eingebettet ist.

Der äußere Metallkäfig ist ein hochstabiler Bewehrungskorb für den Betonkern, der durch Auffüllen mit Flüssigbeton erzeugt wird. Dieser Vorgang erfolgt kontrolliert und qualitätsgesichert im Pfahlwerk.

Durch den hochstabilen Bewehrungskorb erreichen Energiepfähle Tragfähigkeiten, die im Bereich von massiven Stahlbetonpfählen liegen. Ein 35 x 35 cm Energiepfahl hat 1,0 - 1,4 MN Tragfähigkeit, er entspricht somit statisch einem Stahlbetonpfahl gleichen Querschnitts.